Die Zukunft sieht rosig aus
Holger Rune, Sieger der BMW Open by American Express. Holger wer? Klar, kannte auch keiner vorher. Mit einer Wildcard hatte Turnierdirektor Patrik Kühnen den 18-jährigen Dänen ins Hauptfeld geholt – nun ist er erster „Wildcard-Sieger“ des Turniers, nach einem Finale mit einem Wermutstropfen: Denn Gegner Botic van de Zandschulp, Nr. 1 der Niederlande, musste bei 4:3-Führung im 1. Satz mit Magenkrämpfen aufgeben. Rune: „So wollte ich natürlich nicht mein erstes Profiturnier gewinnen. Ich bin dennoch happy, wünsche aber Botic in erster Linie gute Besserung.“ Der Bursche hat – drei Tage nach seinem 19. Geburtstag – Anstand und Stil.
Für den jungen Dänen, der im Achtelfinale Alexander Zverev besiegt hatte, ein toller Erfolg. Zu 81.300 Euro Preisgeld und dem Titel gab es noch traditionell eine echt bayerische Lederhose und das Siegerfahrzeug, einen BMW i4 M50. Rune: „Den Führerschein mache ich nächste Woche, nachdem ich das Turnier in Madrid abgesagt habe und den Münchner Sieg lieber mit meiner Familie zuhause feiere…! München hat mir sehr viel Spaß gemacht, vor so einem tollen Publikum zu spielen – bis zum nächsten Jahr“.
Krawietz/Mies holen Doppeltitel
Mit einer „Laola“ haben die Sieger im Doppel gefeiert: Kevin Krawietz und Andreas Mies bezwangen das brasilianisch-spanische Duo Rafael Matos/David Vega Hernàndez 4:6; 6:4; 10:7 und gewannen damit ihren ersten gemeinsamen Titel in München: „Das war eine wirklich coole Woche, wir sind jetzt wieder im Flow“, so der Coburger Kevin Krawietz. Für „KraMies“ war es nach Barcelona schon der zweite Titel innerhalb einer Woche.
Das Münchner Turnier selbst, anfangs als Internationale Meisterschaft von Bayern (noch auf Rasen!) vor über 100 Jahren gegründet, ist jedes Jahr auch ein Society-Hit. Erst recht seit dem Einsteig von „Nachbar“ BMW wurden die Open in Münchens 1. Tennisclub MTTC Iphitos zu einem echten Profiturnier mit klangvollen Sieger-Namen: Ivan Lendl (1993), Michael Stich (`94), Roger Federer (2003), Tommy Haas (2013), Andy Murray (2015) und Alexander Zverev (`17/18) – sowie weiteren Superstars der Filzkugel-Branche, u.a. John McEnroe oder Andre Agassi.
Nach der Pandemie jetzt also die 35. Auflage unter Hauptsponsor BMW. Und siehe da: Dieses international betrachtet kleine, aber feine Turnier der unteren 250er-Kategorie ist präsenter denn je. Selbst Petrus‘ Tränen und die frühen Überraschungs-Niederlagen von Zverev und Top-Ten-Star Casper Ruud konnten das nicht verhindern.
Das Erfolgsgeheimnis: Während der Corona-Pause schnürten Iphitos als Lizenzinhaber, BMW als Titelpartner, der neue Co-Sponsor American Express (war schon mal in den 80er-Jahren dabei), MMP als langjähriger Erfolgs-Veranstalter und Allianz, Daikin, Lotto Bayern und Emirates als Premiumpartner ein Paket zusammen, das über 42 000 Zuschauer live honorierten. Und zudem Sky in die Tenniswelt hinaus trug, was kein unwesentlicher Faktor war. Zumal die Sky-Crew wie schon bei allen anderen Top-Turnieren Kompetenz bewies.
Zana Koval, BMW-Marketingleiterin der herrlichen Abteilung „Erlebnisse“, wurde diesem Titel als Tennis-Neuling mehr als gerecht: „Ich war jeden Tag auf der Anlage und habe diese einmalige Atmosphäre eingehaucht. So nah an den Spielern zu sein hat mich fasziniert. Ich sehe für uns hier eine große Zukunft!“ Das erste Bekenntnis von offizieller BMW-Seite, weiter zu machen…
Das setzte bei Christian Okon, Geschäftsführer der Michael Mronz & Partner GmbH (MMP), als Veranstalter und bei Turnierleiter Patrik Kühnen Euphorien frei. Okon: „Die Staus diese Woche beim Eintritt zur Anlage sehen ich als positives Zeichen…!“ Und Kühnen bewies mit seiner Wildcard für den späteren Gesamtsieger Rune auch in seinem 15. Open-Jahr als Turnierleiter wieder einmal ein feines Händchen: Holger Rune, vor dem Münchner Turnier wirklich nur Insidern und Nachwuchs-Spähern ein Begriff, kam u.a. mit seinem Sensationssieg über Top-Favorit Alexander Zverev und einem 6:4, 6:4 gegen Köln Oscar Otte überraschend ins Finale. Kühnen: „Der junge Däne ist eines der international größten Tennistalente. Die Zuschauer lieben seine erfrischende Art, seine gute Technik und Taktik und für mich war es nach all meinen Jahren als Turnierleiter das allererste Mal, dass einer schon während des Turniers per Instagram für nächstes Jahr zusagte.“
In der Tat ein Novum! Nicht nur die Tennisfans der deutschen Tennishauptstadt München, die können sich auf eine rosige Zukunft mit einem künftigen Top-Star freuen. Dank Patrik Kühnen…
Rune ist jetzt schon ein Publikums-Highlight, wo immer er auftritt. Im Halbfinale gegen (den magenkranken) Oscar Otte war auch ein anderer hocherfreut: Ex-Bundesligaspieler Michael Karbacher ist nämlich Repräsentant der französischen Top-Tennisschläger von Babaolat – und versorgt viele Profis. Das Besondere an den französischen Rackets ist, das jeweils nur ein einziges Gramm Gewichtsunterschied zwischen den einzelnen Schlägern besteht. „Normal“ sind bis zu 7 Gramm Unterschied zwischen zwei Schlägern derselben Markenkategorie. Welten für Insider – und wichtig für Profis, die ja bis zu sieben (!) Tennisschläger im Bag dabei haben und sich somit nicht umstellen müssen. Für Amateurspieler auch nicht ganz unwichtig…
Patrik Kühnen verneinte übrigens die Frage nach einer zeitlichen Turnierverlegung, weil Petrus auch 2022 leider doch oft „Doppelfehler“ in Form von Kälte und Regen einstreute: „Wir mussten aber kein einziges Spiel absagen oder verlegen. Bei der Sitzung der internationalen Spielervereinigung ATP, in der Iphitos Gründungsmitglied ist, werden aber im Sommer dennoch eventuell andere Termine vorgeschlagen.“
Iphitos-Präsident Peter Bosch (er)klärte: „Dadurch, dass unser Turnier wirtschaftlich immer stabil war, wir mit MMP und Pro7/SAT1 sehr gute Partner haben, sind wir stolz, sagen zu können: Die Reise geht weiter...!“
Wär auch gelacht, wenn Bayern als Tennis-stärkstes Bundesland mit 317 000 Spielern nicht auch weiterhin auf der internationalen Turnierkarte ein Zeichen setzen würde…