Tennis-Weltmeister Alexander „Sascha“ Zverev in München. Offen, aber etwas ratlos...
München, 26.April 2019, im Spieler-Hotel Rilano der BMW Open: Die dicke Brille, die er wegen seiner 1,0 Dipotrin Sehschwäche benötigt, macht ihn etwas älter als 22. Aber Alexander „Sascha“ Zverev ist (am 24.4.) nicht nur numerisch gealtert. Auch innerlich. Das kam selten so klar heraus wie beim traditionellen Medien-Meeting, das Veranstalter MMP vorbildlich gleich eingeführt hatte, als er das Traditionsturnier vor drei Jahren übernahm. Eine kleine Insider-Runde deutscher Tennisjournalisten. Jeder stellt sich dem Star nochmals persönlich mit Namen vor, obwohl der längst alle kennt.
Erster Aufschlag Zverev mit gedrückter Stimme auf die Frage von Top Magazin, wo er sich mit 22, als Dritter der Weltrangliste und vor allem nach dem Weltmeistertitel selbst sieht: “Wie ihr wisst, bin ich immer ehrlich zu Euch. Zur Zeit geht es mir nicht so gut, weil vor allem mein Vater, dem ich alles zu verdanken habe, im Krankenhaus liegt, mein Trainer Ivan Lendl wegen seiner Pollenallergie nicht mit nach Europa kommen konnte und ich nach den frühen Niederlagen in Monte Carlo, Marrakesch und Barcelona spielerisch in einem Loch bin – und deshalb besonders auf München hoffe, weil ich bei meinem Lieblingsturnier auch den dritten Sieg hintereinander holen möchte.“
Doch Zverev war auch so ehrlich, zuzugeben, was ihn noch bedrückt: „Ich habe mich von meiner Freundin Olga getrennt, aber so etwas passiert nun mal. Viel mehr machen mir die täglich drei, vier Stunden Telefonate mit allen möglichen Leuten zu schaffen, weil ich ja bekanntlich mit meinem Manager Patricia Apey juristisch vor Gericht bin. Ich hätte nie gedacht, wieviel Energie so etwas von einem wegnimmt. Zumal ich das ja nie gemacht hatte und mich bisher nur aufs Tennis konzentrieren konnte.“
Fachfrage dazwischen: Könnte nicht Bruder Mischa das Management übernehme, zumal der am Ende seiner Profi-Karriere steht und als Familienvater nicht mehr so viel reisen möchte? Zverev: „Nein, nein, ein Mangement muss schon ein Profi machen. Wir Zverevs sind alle Tennisspieler und Sportler. Die Schreibtischarbeit und das viele Telefonieren, das können wir nicht.“ Wir meinen: richtige Erkenntnis.
Ein Sportlerbeispiel und der Beweis für diese These ist z.B. die Golferfamilie um Martin Kaymer. Auch der einstige Weltranglistenerste, der bis Anfang 2015 dank seines schwedischen Mangerprofis Johan Elliott zu Millionen Werbegeldern kam, aber seit Jahren vom Vater und Bruder Phillip beraten wird, läuft seitdem alten Erfolgen nach. Eine Vor-Vereinbarung mit der Agentur von Branchenkrösus Roger Federer, der Zverev als potentiellen Nachfolger sieht, gäbe es noch nicht... Doch wer den Chilenen Patricia Apey kennt, einen sehr kleinen Mann mit großer Energie, die er früher schon bei Gabriela Sabatini im wahrsten Sinne des Wortes „ummünzte“, der weiß, dass der bei den mittlerweile zweistelligen Millionensummer, die im „Endorsement“ für Zverev herauszuholen sind, nicht locker lässt.
„Sascha“ Zverev hat aber richtig erkannt: „Ich zahle lieber einem Manager viel Geld, wenn der mir all die lästigen Dinge vom Leibe hält, die nun mal gemacht werden müssen.“ Turnierplanung, Verträge, Sponsorenverhandlungen und -vereinbarungen, PR-Termine, Exklusiv-Interviews, Flüge, Hotels, etc.
Bewundernswert, wie der Hamburger russischer Herkunft, dessen Hund Lövik übrigens bei jedem Turnier eine eigene Akkreditierung mit Bild erhält, diesen neuen Anforderungen an sein junges Leben standhält. „Ich schaffe das schon alles selber, aber es muss halt erst mal alles gemacht werden...!“
Conny Konzack