Stich-Tag

Lebenswerk Award für einen 50-Jährigen...

Wimbledonsieger Michael Stich begeistert auch noch nach 25 Jahren/ Standing Ovations beim MTTC Iphitos 

Die Kulisse im Turnier-Zelt von Feinkost-Käfer war perfekt wie die „Kulissen-Schieber“ und die Kulinarik: Seit neun Jahren ehrt der deutsche Traditions-Tennisclub MTTC Iphitos Tennis-Heroen, die mehr schafften, als „nur“ die Filzkugel  geschickt weg zu schicken.... Da wurden z.B. Australiens Layton Hewitt, „Shaker“ Rainer Schüttler (mit 15 Teilnahmen in München!) geehrt oder Tennis-Legenden Niki Pilic, Tommy Haas, Gentleman Andrej Murray – natürlich Boris Becker oder 2018 als bisher Jüngster mit 21 Alexander  „Sascha“ Zverev. 

Und in der Nacht zum 1. Mai 2019 nun Michael Stich. Fast überfällig...

Es war ein Award-Abend nach dem Geschmack aller: Der alten, echten Tennisfans, die Höhen und Tiefen des Sports erlebt haben, der modernen, die wie Veranstalter MMP für das Traditionsturnier in München neue Dimensionen erreichten (die 104. Internationalen Bayerischen Meisterschaften waren dieses Jahr auch gleichzeitig  die 33. BMW Open – eine Sponsor-Liaison, die weltweit nirgends länger besteht!) – für die typische Münchner Society, die gerne mit Champagner schäkert, und für die neue Jahrtausend-Generation der „HipHop-Helden“, die wegen der fetzigen Musik schon mal gerne erst NACH allen Ehrungen einmarschiert.

Sechs Profis konnte Münchens ewig agiler Moderator Ralf Exler beim „Spielerabend“ präsentieren: Roberto Bautista Agut, Marco Cecchinato, Russland Rising-Star Karen Khachanov (für uns einer der kommenden Top Ten-Stars...), Argentinien Sandplatzwühler Diego Schwartzman, Sascha Zverev und den Ungarn Marton Fucsovics. Sie und viele Anwesende wurden von  Presenting Sponsor und FWU-Chef Manfred Dirrheimer (in goldener Plastikjacke und auf Englisch) hochgelobt. Vor allem Veranstalter Michael Mronz: „You have liftet the tournament to heights that we never have thought of five years ago!”

Right on…!

Dirrheimer polarisiert seit über zehn Jahren beim deutschen Top-Tennis-Event nicht nur durch seine schrillen Outfits oder mit Kupfer-Gold-Silbernen Rolls Royce, sondern auch durch Klartext. Pech nur, dass sein Vertragsstar Fabio Fognini nach vielen Lustlos-Auftritten in München ausgerechnet heuer nicht kam, nachdem er gerade in Top-Form in Monto Carlo gewonnen hatte... 

Noch eloquenter als der FWU-Gründer: Stich-Laudator Patrik Kühnen. Eine Anekdote und Erinnerung an alte gemeinsame (Daviscup-)Zeiten nach der anderen. Kurzweilig, unterhaltsam, lustig, bissl listig, aber immer  mit Augenzwinkern. Und „Stich-fest“...herrlich! Die beiden Gastgeber Peter Bosch und Dr. Fabian Tross, die schon die Idee zum Award hatten, nachdem sie aus dem Ballbub-Zeitalter der Stich-Becker-Graf-Ära heraus waren und später Iphitos-Vorstände wurden, klatschten noch auf der Bühne Beifall!

Kaum einer hat es (wenn auch schon mit 50) für sein bisheriges Lebenswerk so verdient wie Michael Stich: 18 Turniersiege, darunter 1991 der in Wimbledon. Der Autor erinnert sich: „Noch beim Journalisten-Umtrunk im Deutschen Haus unweit der Wimbledon-Anlage stand Finalgegner Boris Becker – noch mit Tapes um die Köchel, barfuß und wie paralysiert – auf der Terrasse, während Sensationssieger Stich schon geduscht war fürs Champions-Dinner.“

Dass beide dann gemeinsam ein Jahr später in Barcelona Olympia-Gold holten, sollte der Beginn einer (endlichen) Freundschaft werden. War’s leider nicht...obwohl auch Becker unter den 300 Gala-Gästen im Käfer-Zelt weilte und klatschte.

Michael Stich hat als bisher einziger Deutscher alle deutschen Turniere gewonnen und den bisher letzten Daviscupsieg für Deutschland 1993 (gegen Australien) perfekt gemacht. Kühnen: „Mit Talent, Intelligenz und Selbstvertrauen!“. US-Ex-Ass Jim Courier damals: „Würden alle Top Ten mal gegeneinander spielen, käme Michael Stich als Bester heraus...!“

Nachdem Stichs Ära als Turnierleiter 2018 in Hamburg (unverschuldet) endete, zog sein Name im gleichen Jahr in die weltberühmte „Hall of fame“ ein...

Stich ist aber auch der beste Beweis dafür, das Ex-Sportler mit Intelligenz auch im sogenannten zweiten (Berufs-) Leben erfolgreich sind: Schon mit 25 gründete er seine Stiftung im Kampf gegen AIDS, die u.a. mit dem „Drachenboot Cup“ schon zwei Millionen zugunsten der Immunkrankheit einnahm,  dazu zwei Rücken-Kliniken in Hamburg und sein Internet-Business – neben seinem Hobby, dem Sammeln von zeitgenössischer Kunst. Patrik Kühnen: „Was ich so an Michael schätze, ist seine Ehrlichkeit, seine Aufrichtigkeit, Bodenständigkeit und auch, dass er im Zeitalter von Twitter & Co mal zum Telefonhörer greift, mir für die Münchner Woche z.B. einfach nur Glück zu wünschen...“

Doch der Gelobte toppte dann alle Lobeshymnen selbst: Stichs Dankeschön dauerte eine halbe Stunde, war eloquent gespickt mit Infos und Schmonzetten und endete mit der Tatsache: „Tennis gut spielen können viele, Siege und Geld sind auch recht nett, aber mir war es immer wichtig, die Menschen dahinter zu erkennen  – und diese Erkenntnisse an die Jugend weiter zu geben!“

 

Well done, Michael!

Text: Conny Konzack, Fotos: Alexander Hassenstein/Getty Images for BMW